Was für eine aufregende und spannende Geschichte! Berdien lebt mit ihren drei kleinen Töchtern (2, 5 & 7 Jahre) und ihrem Mann, der als Diplomat arbeitet, seit 1,5 Jahren in Mexiko-Stadt. Auf ihrem wunderbarem Blog Bejewly berichtet die Mama nicht nur über ihren Alltag mit drei Kindern, sondern auch über ihr bewegtes Leben als Diplomatenfrau.
Heute nimmt uns Berdien mit nach Mexiko und erzählt im Interview unter anderem von ihrem mexikanischen Familien-Alltag und verrät zahlreiche Insider-Tipps, was man in Mexiko-Stadt auf keinen Fall verpassen sollte …
Berdien, du wohnst ja bereits seit fast 1,5 Jahren mit deiner Familie in Mexiko-Stadt und berichtest auf deinem wundervollen Blog Bejewly unter anderem von deinen persönlichen Sonnenseiten und Schattenseiten in Mexiko. Welche wären das?
Eine Sonnenseite des Lebens in Mexiko-Stadt ist tatsächlich erstmal das Wetter. Die Sonne scheint fast jeden Tag und kälter als 10 Grad wird es eigentlich nicht. Ich mag die Freundlichkeit der Menschen, die immer ganz entzückt sind, wenn wir mit unseren drei blonden Mädchen irgendwo hinkommen. Die Mexikaner sind unglaublich kinderfreundlich, alles ist auf Kinder ausgerichtet, niemals stören sie! Die Lebensfreude und die Farben liebe ich hier! Die Möglichkeiten zu Reisen sind immens – und das nutzen wir auch.
Und tatsächlich ist der Service hier in vielem besser und vor allem freundlicher. Weniger gut komme ich mit dem Verkehr zurecht und den Autofahrern (die ihr Wesen im Auto scheinbar um 180 Grad drehen!). Die Straßen sind voll und die Wege lang. Es ist einfach eine der größten Städte der Welt. Von April bis Juni ist die Luft schlecht und oft wird einem geraten, das Haus nicht zu verlassen.
Ich mag es zudem nicht, mich so eingesperrt zu fühlen. Bei jedem Ausflug und jedem Urlaub muss man schauen, ob es auch sicher ist – und lange Autofahrten müssen gut überlegt sein. Außerdem vermisse ich das deutsche Umweltbewusstsein und Bio-Lebensmittel sehr.
Inwiefern ist das Leben mit Kindern in Mexiko-Stadt anders als in Berlin?
Wie oben bereits geschrieben: Man muss immer auf die Sicherheit achten. Es passiert schon viel hier und ich lasse die Kinder nicht mehr vorauslaufen. Auch auf dem Spielplatz (die auch ganz anders sind, als in Berlin) lasse ich die Mädchen nie aus den Augen. In Berlin sind wir einfach frei mit dem Fahrrad gefahren, was mir hier zu heikel ist. Die Kinder durften vorauslaufen, wenn sie sich auskannten. Das war wesentlich entspannter. Wir waren öfter in der Natur und in Parks.
Andererseits ist es hier eben auch leichter, mit Kindern essen zu gehen. Fast jedes Restaurant hat einen Spielbereich, was es wirklich angenehm macht. Kinder werden viel normaler wahrgenommen und liebevoll behandelt. In Berlin dagegen hatte ich im Heimaturlaub wieder oft das Gefühl, dass Kinder nicht erwünscht sind – oder sich zumindest ruhig zu verhalten haben.
Was sagst du? Auf einer Familienreise nach Mexiko kann man die Hauptstadt getrost auslassen? Oder sollte man hier unbedingt ein paar Tage einplanen? Und warum?
Ich finde, DF ist durchaus eine Stadt, die es sich zu sehen lohnt! Es gibt tolle Sachen, die man mit Kindern machen kann und die Stadt wirkt einfach nochmal ganz anders, als Mexiko außerhalb. Es gibt wunderschöne Stadtviertel und viel spannende Kultur. Wenn man zur Regenzeit kommt, ist alles grün, obwohl man in einer riesigen Stadt ist. Einen Urlaub nur in der Stadt würde ich allerdings tatsächlich nicht empfehlen.
Welche Aktivitäten kann man in Mexiko-Stadt mit Kindern gut unternehmen?
Es gibt schöne Museen (eines davon ein tolles Kindermuseum aber auch das Frida Kahlo Haus ist z.B. für unsere Kinder super spannend!), schöne Parks und Spielplätze. Natürlich gibt es noch die Pyramiden nahe der Stadt, die einen Besuch wert sind. Man kann sonntags mit den Fahrrädern oder Rollern über die „Reforma“ fahren (eine der großen Hauptstraßen), die extra dafür für Autos gesperrt wird.
Hast du für uns Insider-Tipps für die mexikanische Hauptstadt?
Sich treiben lassen. Ins wunderschöne Coyoacan oder San Angel fahren und durch die Straßen schlendern. Samstag ist der Mercado de sabado in San Angel ein Muss – auch mit Kindern.
Das Papalote Museo del niño – das Kindermuseum – ist einfach wunderbar! Auf gar keinen Fall mit einem öffentlichen Taxi fahren! Uber ist das Mittel der Wahl und auch da immer checken, ob das Kennzeichen stimmt.
Wie sieht dein Alltag in Mexiko aus?
Hm, da ich keinen festen Job habe, gleicht kein Tag dem anderen. Früh bis sieben Uhr mache ich die Kinder fertig für den Schulbus. Danach mache ich mich und die Kleinste fertig und bringe sie um halb neun in den Kindergarten. Oft treffe ich mich mit anderen Müttern, habe Spanischunterricht, schreibe einen Artikel oder gehe Einkaufen. So oft ich daran denke, mache ich Yoga und meditiere. Oder ich organisiere notwendige Dinge für Schule und Kindergarten.
Um 13 Uhr wird die Kleinste schon wieder abgeholt und um 14 Uhr kommen die Großen. Wir essen gemeinsam und verbringen den Nachmittag zusammen. Da wir aufgrund des Schulstarts gerade fast jegliches Nachmittagsprogramm eliminiert haben, sind wir oft zu Hause. Einen Tag in der Woche fahre ich die Kinder zum Ballett und zum Kinderyoga. Wir essen früh zu Abend und die Kinder gehen früh zu Bett, da sie um 6 Uhr wieder geweckt werden.
Ich würde sagen, unser Alltag in Mexiko-Stadt ist dem in Deutschland recht ähnlich. Bis auf die regelmäßigen Spielplatzbesuche, die in Deutschland fest zu unserem Familienalltag gehörten.
Was ist dein absolutes Highlight dort?
Ganz ehrlich? Die Haushaltshilfe. Sie ist ein Segen! Da wir hier niemanden haben, der sich mal um die Kinder kümmern könnte, genieße ich ihre Hilfe sehr. Mittlerweile sind wir wie Freundinnen und ich freue mich, dass ich nicht allein im Haus bin. Außerdem ist sie meine beste Spanischlehrerin.
Deine älteste Tochter geht ja schon zur Schule. Kannst du uns etwas über den Schulalltag in Mexiko erzählen?
Der Umstieg in die Schule war hart. Sie haben 30 Wochenstunden in der ersten Klasse zu bewältigen (in Deutschland sind es ja „nur“ 22). Sprich: Jeden Tag von 8 bis 13 Uhr ist Unterricht. Danach noch Hausaufgaben und alle zwei Monate kleine Tests mit Noten. In mexikanischen Kindergärten werden die Kinder schon darauf vorbereitet und lernen bereits lesen, schreiben und stillsitzen.
Die deutsche Schule hier orientiert sich am mexikanischen Schulsystem. Das mexikanische System ist sehr auf Leistung angelegt und trotzdem hinken sie im internationalen Vergleich hinterher. Meine Große vermisst das Spielerische, Rennen und Bewegen.
Was unternimmt ihr an den Wochenenden?
Wir versuchen, immer mal wieder raus aus der Stadt zu fahren und andere schöne Städte und Dörfer hier in Mexiko zu sehen. Manchmal sind wir, wie alle Familien, einfach nur zu Hause oder treffen Freunde. Wir gehen sonntags meistens Essen und oft verbringen wir unsere Tage im Club zum Schwimmen, Picknicken und Spielen.
Was magst du ganz besonders an der mexikanischen Küche? Und welches Lieblingsessen haben deine Kinder?
Ich liebe in der mexikanische Küche vor allem das Obst hier. Wer noch nie eine mexikanische Mango gegessen hat, weiß nicht, wie eine Mango wirklich schmeckt. Auch Wassermelonen und Avocados sind ein Traum! Es gibt sie für wenig Geld auf dem Markt zu kaufen. Wir gehen außerdem sehr gerne Tacos essen! Meine Kinder mögen Sopes oder Tostadas besonders gern. Das sind weiche oder harte Maisfladen belegt mit Frijoles (Bohnenmus), gekochtem Huhn, Crème fraîche, Käse und wahlweise auch Salat und scharfer Soße.
Welches ist dein Lieblingsrestaurant in Mexiko-Stadt? Und das deiner Kinder?
Ich persönlich gehe unglaublich gerne ins „La Lorena“ zum Frühstücken. WENN der Mann und ich mal alleine ausgehen, gehen wir in`s Bakea oder wir fahren nach Polanco in eines der vielen schönen Restaurants rund um den Parque Lincoln.
Die Kinder gehen gerne in ein bestimmtes Steakhaus, weil es da eine tolle Kinderbetreuerin gibt, die hübsche Dinge mit ihnen bastelt. Und wir Erwachsenen wegen der himmlisch guten Steaks ;).
Welchen Stellenwert haben Kinder & Familien in Mexiko?
Wie bereits beschrieben: einen sehr hohen! Die Familie ist das Wichtigste und der Zusammenhalt ist sehr stark. Ich liebe das!
Im Vergleich zu Deutschland, was ist anders an der mexikanischen Erziehung?
Ich würde sagen, Kinder sind hier „normaler“ als in Deutschland, sie gehören einfach dazu. Es werden viel mehr Kinder geboren, es gibt mehr kinderreiche Familien und der Altersdurchschnitt ist 20 (!!) Jahre unter dem Deutschen. Die Kinder werden nicht auf einen Podest gestellt und von unten bestrahlt. Natürlich werden sie auch – so es der Familie möglich ist – gefördert und in die besten Schulen gebracht. Mir kommt es aber auch so vor, dass die Kinder hier in Mexiko öfter vor ihrem (eigenen) Smartphone sitzen oder Fernsehen schauen als In Deutschland. Viele Kinder werden sehr viel von ihren Nannys betreut, auch, wenn sie krank sind. Das ist mir noch ein bisschen fremd.
Vor ein paar Woche erreichte uns ja die Nachricht vom schrecklichen Erdbeben in der mexikanischen Hauptstadt? Wo warst du zu dem Zeitpunkt? Wie hast du die Naturkatastrophe erlebt?
Ich habe darüber hier geschrieben. Tatsächlich habe ich erst vor Kurzem wieder sehr real von einem Erdbeben geträumt. Immer noch, wenn ich daran denke, wackelt die Erde ein bisschen. Das ist definitiv eine Erfahrung, die ich nie wieder machen möchte!
Das ganze Land Mexiko ist immer noch im Schock und in vielen Teilen der Stadt ist das Ausmaß der Zerstörung noch sehr wahrnehmbar!
In deiner Heimat vermisst du sicherlich deine Familie und Freunde, was vermisst du noch an Deutschland? Und was vermissen deine Kinder?
Was ich sehr vermisse, ist die Nähe zu allen möglichen Institutionen. Überall mit dem Rad hinfahren zu können. Die Nähe zur Natur und die Sorglosigkeit (falls man das so nennen kann). Außerdem vermisse ich das „deutsche“ Bewusstsein für die Umwelt. Es macht mich einfach nur sprachlos, wie die Menschen hier mit ihrer Umwelt umgehen. Und natürlich vermisse ich die Sicherheit – und ein Land, das ohne Korruption auskommt. Man weiß wohl erst zu schätzen, was man hat, wenn man erlebt, wie es woanders ist.
Und NATÜRLICH vermisse ich DM und Alnatura. Biergärten und gute Schokolade! Die Kinder vermissen in erster Linie ihre Freunde & die Familie – und an manchen Tagen sprechen sie davon, dass sie jetzt Lust hätten, eine gute alte Brezel zu essen.
Welche weiteren Ziele in Mexiko empfiehlst du unbedingt für einen Familienurlaub?
Es gibt so viele schöne Ecken – und so viel zu sehen hier in Mexiko. Die Pazifikküste auf der einen Seite und der Atlantik mit der Karibik auf der anderen. Tempel, Pyramiden und Dschungel. Wir waren bereits auf beiden Seiten und uns hat die karibische Seite sehr gefallen. Das Wasser ist blau, nicht so stürmisch und man kann meterweit durch`s flache Meer laufen. Am besten kommt man in den deutschen Wintermonaten, wenn die Regen- und Hurrikanzeit vorbei ist.
Natürlich kommt es außerdem drauf an, was man als Familienurlaub möchte. All inclusive mit Kinderbetreuung gibt es genauso wie das nette kleine Hostel am Strand. Kleine feine Inseln wie große Ferienstädte. Egal wohin und auf welche Art: Mexiko lohnt sich sehr – auch mit Kindern!
Vielen Dank für das super spannende Interview, Berdien! Ich habe mich riesig gefreut, dass du dir so viel Zeit genommen hast – und so detalliert all meine Fragen beantworrtet hast. An dieser Stelle noch mal SORRY, dass es soooo viele geworden sind, aber meine Neugierde war einfach zu groß.
Und wer noch mehr über das spannende Leben von Berdien als Diplomatenfrau lesen möchte, sollte sieunbedingt auf ihrem wunderbaren Blog Bejewly besuchen!!!
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1 comment
Comment by Jonna
Jonna November 23, 2017 at 12:18 pm
Ein sehr schönes Interview, liebe Berdien, liebe Gabirela!