Du träumst davon, Dir vom Anblick des Taj Mahals in Indien die Tränen in die Augen treiben zu lassen? Du willst die prächtigen Paläste Rajasthans entdecken, Dich beim Ritt auf einem Kamel wie eine Wüstenkönigin oder ein Wüstenkönig fühlen? Du kannst Dir nichts Besseres vorstellen, als am feinsandigen Strand von Goa den Sonnengruß zu praktizieren und danach eine frische Kokosnuss zu schlürfen?
Aber da ist Dein Kind oder vielleicht sogar mehrere von der Sorte. Du fragst Dich, ob Du Dir diesen Traum von Indien mit Kind tatsächlich erfüllen kannst?
Julia vom Blog Trippingtribe hat es getan – und zwar gleich auf zwei Reisen. Insgesamt war sie 9 Monate lang mit ihrer Tochter und ihrem Mann in diesem unbeschreiblichen Land voller Kontraste unterwegs. Bei der ersten Indienreise war ihre Tochter 7 Monate und beim zweiten Aufenthalt 1,5 Jahre alt. Heute teilt die Indien-Expertin ihre wichtigsten Tipps für eine Reise nach Indien mit Kindern …
Inhalt
1. Benutze Dein Kind nicht als Ausrede
Wenn es Dich seit Jahren nach Indien zieht, es Dein Traum ist dorthin zu reisen, DANN MACH ES! In Indien leben und überleben Millionen von Kinder. Natürlich gibt es dort größere Herausforderungen, als in Deutschland, aber das macht auch einen Teil des Zaubers aus. Eine Reise nach Indien kann eine der wunderbarsten Erfahrungen in Deinem Leben werden, teile sie mit Deiner Familie und warte nicht auf morgen, übermorgen oder niemals.
Diesen ersten Tipp möchte ich Dir von Herzen für alle Situationen an die Hand geben, in denen Du Dich zunächst nicht traust. Benutze nicht Dein Kind als Entschuldigung, warum Du etwas nicht tust. Wenn Du etwas wirklich willst, dann geht das auch zusammen mit dem Nachwuchs. Solltest Du die Reise nach Indien allerdings nicht aus tiefstem Herzen wollen, dann mach sie nicht. Indien ist nicht einfach und kann irritieren, wenn man nicht wirklich offen und bereit dafür ist.
Solltest Du bei der Organisation der Reise Unsicherheit oder gar Panik verspüren, dann sei versichert, das ist völlig normal. Selbst ich habe immer noch leichtes Magengrummeln, jedes Mal bevor wir in ein neues Land fliegen. Aber ist der Gefühlscocktail aus Reisefieber und Nervosität nicht auch ein wenig wie Schmetterlinge im Bauch und verliebt sein?
2. Identifiziere Mitwisser
Nachdem wir uns jetzt also darüber im Klaren sind, dass Du Dir den Traum der Indienreise erfüllst, und zwar inklusive Kind, kann ich nur eindringlich dazu raten, es nicht jedem Deiner Freunde und Verwandten sofort zu erzählen.
Indien ist ein extrem triggerndes Reiseziel. Wenn Du Menschen von Reiseplänen nach Indien erzählst, werden oft massive Gefühle freigesetzt. Du wirst mit den Ängsten und Vorurteilen Deiner Umgebung konfrontiert werden und das kann irgendwann selbst den größten Sturkopf ins Wanken bringen (siehe: Ich fliege nach Indien mein Kind geht ins Heim). Es ist auch eine Frage, ob Du Deiner Umgebung wirklich so viele Sorgen machen musst. Vielleicht reicht es einfach kurz vor Abflug Bescheid zu geben, wodurch allen Beteiligten langwierige Diskussionen erspart bleiben.
3. Nepper, Schlepper, Flughafenbereich & Visum
Mach es Dir leicht. Selbst wenn Du der erfahrenste Backpacker der Welt bist, Indien ist nur schwer zu begreifen. Besonders nach einem 10-stündigen Flug mit Kind, ist man vielleicht nicht mehr ganz Herr oder Frau seiner sieben Sinne und fällt gerne auf die Bauernschläue der Flughafen Nepper und Schlepper herein.
Organisiere Dir vorab auf jeden Fall das notwendige Visum. Für einen Aufenthalt bis zu 30 Tagen kann die Ausstellung elektronisch passieren, alles was darüber hinausgeht muss bei der zuständigen Auslandsvertretung beantragt werden. Es ist übrigens auch relativ einfach ein Visum für ein bzw. fünf Jahre für Indien zu bekommen, bei Fragen melde Dich gerne bei Julia von Trippingtribe.
Deine Kinder brauchen einen eigenen Reisepass mit biometrischem Lichtbild. Der wird bei der gleichen Behörde beantragt, wo Du auch Deine Ausweisdokument besorgst. In der Regel hast Du das Büchlein nach maximal 48 Stunden.
Buche vorab zumindest für die erste Nacht ein Hotel und den Transfer vom Flughafen dorthin. Besonders am internationalen Airport in Delhi verfügen die Taxifahrer über jede Menge List und Tücke. Da wird man schnell mal an irgendeinem Hotel herausgelassen und der Chauffeur kassiert Provision. Alle Transfers, die ich durch vorab gebuchte Hotels in Indien reserviert hatte, funktionierten stets einwandfrei. Selbst bei größeren Flugverspätungen standen die Fahrer am Ausgang und haben brav gewartet.
4. Medizinische Vorsorge: Keep cool and stay healthy
Die medizinische Versorgung ist in Großteilen des Landes nahezu katastrophal. Sollte Dein Kind regelmäßig ärztliche Behandlung benötigen, dann sucht Euch besser ein anderes Reiseziel.
Ansonsten macht Euch nicht verrückt. Wir hatten in den ganzen neun Monaten keinerlei extreme Infektionen oder Tropenkrankheiten. Bekannte Virusinfektionen wie Malaria und Dengue werden selbst im kleinsten Buschkrankenhaus in der Regel schnell erkannt und erstaunlich gut behandelt. Zudem wird alles schnell unter Kontrolle gebracht, was mit Antibiotika bekämpft werden kann, weil diese sowieso zu 99,9% verabreicht werden. Egal was der Patient für ein Problem hat …
Meine Erfahrung ist, dass es mit Babys einfacher ist in Indien gesund zu bleiben, als mit Kleinkindern. Wir hatten dieses Jahr eine Episode, als sich unsere Tochter im Restaurant vom Nachbartisch eine Speisekarte schnappte, irgendwelche angetrockneten Reste abkratzte und genüsslich verspeiste. Bis ich das gesehen hatte, war der Großteil bereits vertilgt. Die Rechnung kam in Form eines Magen-Darm-Infekts nur wenige Stunden später. Ansonsten hatten wir keine größeren Probleme oder Krankheiten.
5. Lecker, lecker, lecker – habe keine Bedenken wegen des Essens
Kulinarisch bedeutet Indien einfach nur Genuss. Egal ob Du Fleisch-, Fischesser oder Vegetarier bist, Du wirst wahre Gaumenfreuden erleben. Starte mit dem klebrig süßen, dampfenden Gewürztee „Chai“ in den Tag und lass Dir die Fladenbrote, Curries und herzhaften Gemüsegerichte schmecken.
Ich hatte vor unserem ersten Trip mit unserer damals 7 Monate alten Tochter am meisten Bedenken wegen des Essens, dabei lief das vom ersten Tag an optimal. Zum Frühstück bestellten wir ihr einfach Bananenporridge. Das Linsengericht Dal zusammen mit Reis wurde schnell zu ihrer Lieblingsspeise. Ihr könnt überall extra mildes Essen für Kinder bestellen. Die Inder sind extrem kinderlieb und verständnisvoll. Da die Inder allerdings auch gerne etwas vergesslich sind, schadet es nicht, vorab sicherheitshalber nochmal zu probieren, bevor ihr die Kleinen füttert. In einem kleinen Lokal bekamen wir einmal statt „no spicy“ eine Portion Dal „extra spicy“ und waren sehr froh, vorher getestet zu haben.
Denkt daran, ausreichend zu trinken. Falls Dein Kind kein Wasser mag, dann findest Du in Indien eine große Auswahl an frisch gepressten Säften, bei denen Du unbedingt „no sugar“, also ohne Zucker bestellen solltest. Es wird gerne und mehr als ausreichend gesüßt – Indien ist nicht umsonst das Land mit der höchsten Diabetesrate.
Dass es nirgends Hochstühle gibt, erweist sich manchmal als ziemlich ungemütlich. Wir haben deshalb gerne in Restaurants gegessen, wo man auf Matratzen oder Sitzkissen am Boden speist. Alternativ habe ich bei einem großen Onlinehändler gesehen, dass es auch verschiedene Reisehochstühle gibt.
6. Unterkünfte: von Bettwanzen und Prinzessinnenträumen
In Indien findest Du in Sachen Unterkunft vom schäbigsten Loch bis zum fantastischsten Luxushotel alles, was Du Dir in Deinen kühnsten Träumen ausmalen kannst. Ich überlege und überlege, wo meine schlimmste Übernachtung war. Auf unserer Indien-Reise gab es Zimmer mit massivem Insektenbefall. Bäder, die so klein waren, dass der Duschkopf direkt über der Toilette montiert war. Und Etablissements, wo man permanent vor dem Hotelmanager auf der Hut sein musste. Wir sprechen hier von Gästezimmern, die weniger als fünf Euro die Nacht gekostet haben. Aber selbst bei diesem geringen Budget habe ich viele bezaubernde Übernachtungsmöglichkeiten gehabt.
Dann gibt es Mittelklassehotels, die Du weise wählen solltest. Ich habe die Erfahrung gemacht, die Finger von Resorts zu lassen, die vorwiegend von Indern besucht werden. Zum einen birgt das die Gefahr, dass die Neugierde der Mitarbeiter so groß ist, dass sie alle fünf Minuten wegen einer neuen Frage an die Tür klopfen, zum anderen sind sie meistens hygienisch sehr bedenklich. Achtet bei Tripadvisor etc. darauf, wer den Großteil der Bewertungen schreibt. Sind es internationale Gästen, dann ist das ein gutes Zeichen.
Falls Ihr es unterkunftstechnisch richtig krachen lassen wollt, dann findet Ihr in Indien sicherlich etwas, das Eurem Geschmack entspricht. Als ehemalige Reiseverkehrskauffrau kenne ich die Materie relativ gut und stand dennoch mit offenem Mund im Hotel Taj Lake Palace in Udaipur. Wer echten Luxus und Romantik erleben will, ist dort definitiv richtig. Nein, ich werde nicht von denen bezahlt und bekomme auch keine ermäßigten Raten.
Ich habe viele Guesthouses, Hostels und Hotels gesehen, was mir allerdings nirgends begegnet ist, sind Kinder- oder Babybetten. Falls Ihr keine Fans von Familienbetten seid, dann empfehle ich Euch ein Reisebett mitzubringen.
7. Unterwegs vor Ort – verschiedene Transportmöglichkeiten in Indien
Autositze, Gurte, Kinderhelme oder sonstige Sicherheitsmaßnahmen gibt es in Indien so gut wie nirgends. Ich habe davon gelesen, dass einige Inder sich mittlerweile Kindersitze zulegen, gesehen habe ich keine. Ihr könnt bei vielen Airlines kostenlos spezielle Autositze mitnehmen, fragt vor Buchung einfach mal nach. Ansonsten heißt es Gottvertrauen haben. Ich kann nur sagen, dass wir sogar mit der Kleinen Motorrad gefahren sind, selbstverständlich ohne Helm. Allerdings war mir nicht immer wohl dabei und es gab immer wieder Situationen, wo es nur dem hervorragenden Fahrstil meines Mannes zu verdanken war, dass nichts passiert ist. Mietet Euch auf gar keinen Fall eine Royal Enfield oder einen Roller in Indien und fahrt mit Euren Kindern, wenn Ihr darin nicht geübt seid.
Am komfortabelsten ist es, größere Strecken mit dem Flugzeug zu überwinden. Es gibt hunderte von Airports in Indien und sicherlich auch einen in der Nähe Eures Zielortes. Das Bahnnetz ist ebenfalls hervorragend ausgebaut. Ich persönlich bin kein Fan davon, weil ich bisher nie das umfangreiche Klassenangebot verstanden haben. Egal wie teuer meine Tickets waren, am Ende war ich immer auf einer Liege in einem großen, gemischten Schlafwagen und wurde angestarrt. Da ist bei mir mit Schlafen nicht viel. Züge und ich sind in Indien irgendwie nie wirklich warm geworden. Da bin ich allerdings eher eine Ausnahme, die meisten Indienreisenden schwärmen von den Bahnfahrten dort.
Dafür halten Sie mich für grenzwertig, wenn ich von meinem Lieblingstransportmittel erzähle. Dem Schlafbus. Ich liebe die Sleeperbusse in Indien mehr als alle anderen Verkehrsmittel auf dieser Welt. Darin habt Ihr ein Einzel- oder Doppelbett zur Verfügung, eine große Fensterfront, die sich normalerweise öffnen lässt und eine Schiebetüre oder einen Vorhang für Eure Privatsphäre. Das Gepolter der Schlaglöcher und Geschwindigkeitsschikanen schaukelt mich in Sekundenschnelle in den Schlaf. Ach, herrlich. Gut, das ich meine Sicht der Dinge. Viele Leute mögen den Bus nicht, ihnen wird schlecht. Sie können kein Auge zu machen, wenn sie bei Schlaglöchern 10cm über die Liegefläche erhoben werden. Jedem das seine. Mit Kind kann ich allerdings nicht wirklich garantieren, dass die Fahrt ein Spaß wird.
Wir haben auf Mittelstrecken meistens die Bahn oder einen privaten Fahrer genommen. Die Preise für Chauffeure sind erschwinglich und ihr könnt anhalten, wann immer ihr wollt, bzw. das Kind eine Pause braucht. Innerorts waren wir entweder zu Fuß, mit dem Motorrad oder der Rikscha unterwegs. Passt bei den holprigen Zweitaktern auf, dass sich Euer Kind nicht den Kopf stößt, teilweise wird man nämlich darin ganz schön durchgeschüttelt.
Noch ein Tipp, lasst den Kinderwagen oder Buggy zu Hause, Ihr werdet ihn kaum benutzen können. Gut, ich habe Familien damit herumfahren sehen, bin selbst bisher gut ohne ausgekommen. Gerade für Babys und Kleinkinder kann ich Tragetücher oder -gestelle empfehlen. Die Straßen sind holprig, Tiere sind unterwegs und die Inder fassen besonders kleineren Kindern ununterbrochen ins Gesicht. Wenn Ihr das Kind tragt, kommt ihr schneller vorwärts und habt im Blick, was mit Eurem Kind passiert bzw. könnt es gut abschirmen.
Mein letzter Rat (für heute)
Freut Euch zusammen auf die leuchtenden Farben der Saris, die duftenden Räucherstäbchen sowie Jahrtausende alte Tempel. Indien ist ein Land der Kontraste. Hier trifft Vergangenheit auf Moderne und Reichtum auf bitterste Armut. Dein Kind wird das echte Leben kennen lernen. Es wird Dinge sehen, die es sonst nur aus dem Fernsehen kennt. Die Menschen werden alle freundlich und hilfsbereit sein. Das Essen wird Euch schmecken und Ihr werdet unglaubliche Abenteuer erleben. Seht Euch gemeinsam kunstvoll verzierte Festungen an, verbringt eine Nacht unter freiem Himmel in der Wüste, besucht den Dalai Lama oder schwimmt im tiefblauen Ozean mit Delfinen. Seid offen, freut Euch über die herzlichen Menschen und genießt die Zeit in einem der faszinierendsten Ländern der Erde. Namaste.
Hier könnt ihr mehr von Julias reiselustigem Leben als digitale Mama-Nomadin lesen.
Liebe Julia, vielen lieben Dank für deinen tollen Gastartikel. Ich persönlich war noch nie in Indien, aber seit mindestens 10 Jahre steht Indien ganz weit oben auf meiner Reiseliste. Und ich muss zugeben, dass du mir jetzt jegliche Bedenken vorm Abenteuer Indien mit Kind genommen hast. Ich glaube, ich bin jetzt auch bereits für eine Indienreise mit meinem Sohn …
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4 comments
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Comment by Kathy
Kathy März 20, 2019 at 9:57 pm
Hallo, vielen vielen Dank für deinen Blogeintrag! Ich war bereits in Indien. Ohne Kind. Spricht man mit Leuten (die noch nie dort waren), rät ohnehin jeder von einer Reise ab. Ich aber liebe Indien. So viele unterschiedliche Menschen, so vielseitige Kultur, tolle Landschaften.
Jetzt habe ich eine mittlerweile 1.5 jährige Tochter. Da das Reisen trotzdem nicht zu kurz kommen soll, habe ich mich zunächst an eine Kreuzfahrt rangetraut. Das ist aber leider gar nichts für mich. Ich brauche individuelle Reisen.
Meine Tochter soll auf jeden Fall nach Indien. Ich finde, jeder Deutsche muss es sehen, wie glücklich man mit dem wenigen sein kann, was man hat!
Dein Beitrag hat mir gezeigt: Ich muss kein schlechtes Gewissen haben, meinem Kind diese Welt zu zeigen. Es stirbt nicht direkt, nur weil wir in ein Land reisen, das nicht deutschem Standard entspricht.
Comment by Willy
Willy November 4, 2019 at 11:14 am
Sehr schöner Beitrag! Wir werden auch bald mit Kind nach Indien reisen. Jetzt wollte ich Zugtickets über 12go asien buchen und habe mir die Frage gestellt, ob Kinder (2 Jahre) auch ein Zugticket benötigen? Könntest du mir sagen, ab welchem Alter ein Zugticket benötigt wird?
Besten Dank