Kennst du das auch? Diesen Stress am Esstische? Weil das Kind mal wieder etwas nicht mag – oder von einer Sekunde auf die andere aus unerklärlichen Gründen seine kulinarische Vorliebe geändert hat. Noch gestern wurde die Salatgurke mit Genuss verschlungen und heute wird sie mit einem verachtenden Blick und langgezogenen „bääääh, mag ich nicht“ zur Seite geschoben. Ganz ehrlich! Es gibt gerade Tag, da verzweifle ich am Esstisch. Denn mit meinem 5-jährigen Kind ist es gerade in puncto Essen mächtig kompliziert. Oft gebe ich mir richtig Mühe, denke mir leckere Rezepte für Kinder aus, kaufe die besten Zutaten, stehe ewig am Herd und dann sehe ich, wie mein Sohn lustlos auf seinem Teller rumstochert, lauthals am Mäkeln ist und anschließend vehement einen Salamitoast fordert. Wie anstrengend! Denke ich dann – und frage mich, wie eigentlich Mütter mit 2, 3 oder gar mehr Kindern ihre Familienküche managen. Schnell & lecker soll sie sein, gesund, ausgewogen, bio, saisonal & regional auch – und dann sollen Mütter den kulinarischen Vorlieben aller Familienmitglieder gerecht werden. Eine wahre Herkulesaufgabe, oder?
Schnelle Familienküche muss nicht perfekt sein!
Nicht unbedingt! Sagt meine sehr geschätzte Kollegin Nathalie Klüver vom Blog Eine ganz normale Mama. Wenn es darum geht, sich das Familienleben & den Haushalt so einfach und unkompliziert wie möglich zu machen, damit mehr Zeit für die wirklich wichtigen Dinge im Familienalltag bleiben, ist Nathalie Klüver eine absolute Expertin. Nicht nur weil die Mama selber drei Kinder hat, sondern auch, weil Nathalie Klüver schon mehrere praxisnahe Elternratgeber geschrieben hat, zum Beispiel «Afterworkfamilie» und «Die Kunst keine perfekte Mutter sein». Ihr neustes Buch «Das Familienkochbuch für nicht perfekte Mütter» (erschienen im Trias Verlag) widmet Nathalie ihrem Lieblingsthema: schnelle Familienküche und leckere Rezepte für Kinder (– übrigens auch auf ihrem Blog findest du viele tolle Rezeptideen für die ganze Familie). Ich mag Nathalies Einstellung sehr. Denn Nathalie sagt: «Kinder brauchen keine perfekten, sondern vor allem echte Eltern. Und genauso wenig braucht die Familienküche perfekte Köchinnen, perfekt gedeckte Esstische und perfekte Essmanieren». Genau das denke ich auch. Aber wie schaffen es Mütter einfach, unkompliziert & schnell ihre Familienküche zu managen? Und dabei alle Familienmitglieder einigermaßen zufriedenzustellen? Hier kommen Nathalies Tipps für eine schnelle Familienküche! Und hier gibt es meinen persönlichen Rezept-Favorit Hefeteigschnecken mit Beerenfüllung aus Nathalies Buch.
Weitere Lesetipps: Ich habe mich mit Nathalie außerdem zu folgenden Familien-Themen unterhalten:
- Wie berufstätige Eltern trotz wenig Zeit sich und ihre Kinder glücklich machen können
- Burnout bei Müttern vermeiden. Oder wie Frau besser als nicht perfekte Mama lebt
- Wie können Eltern zwei oder mehr Kindern gerecht werden
Übrigens, wenn du Lust hast, mal in ein REISEBUCH von mir reinzulesen, dann kannst du hier jeweils eine Leseprobe meiner Bücher «Wie Buddha im Gegenwind – eine Kündigung, 22 Länder und ein besonderer Reisebegleiter» und «Wenn ich groß bin, werd‘ ich auch ein Machu Picchu» runterladen.
Nathalie, du hast selber drei Kinder, wie schaffst du es, auf alle kulinarische Vorlieben und Nörgeleien einzugehen? Und am Esstisch alle zufriedenzustellen?
Alle zufrieden sind höchstens bei fünf Gerichten: Nudeln mit Tomatensoße, Pizza, Chicken McNuggets mit Pommes, Bratwurst mit Nudelsalat oder Fischstäbchen und Kartoffelbrei und Spinat (der komischerweise auch nur in dieser Kombination gegessen wird, sonst wird er strikt abgelehnt!). Ansonsten gibt es immer etwas, was jemandem nicht schmeckt. Der eine mag Bohnen, der andere Brokkoli, die dritte nur Gurke. Ich bin dazu übergegangen, einfach nicht mehr auf die Nörgelei der Kinder zu achten. Es gibt immer Nudeln, Reis oder Kartoffeln oder Bulgur, da können sie sich dann dran satt essen, wenn ihnen sonst nichts schmeckt. Vorm Essen gibt es für sie immer kleingeschnittene Gurke und Mohrrübe und Kichererbsen, dann haben sie wenigstens ein bisschen Gemüse intus. Das essen sie komischerweise auch nur vorm Essen und nicht, wenn es parallel zum Essen auf dem Tisch steht.
Welche Gerichte kochst du gefühlt ständig, weil sie zum absoluten Lieblingsessen deiner Kinder gehören?
Nudeln und Fischstäbchen!
In deinem Buch „Das Familienkochbuch für nicht perfekte Mütter“ räumst du mit zahlreichen Vorurteilen über gesundes Essen auf. Kannst du mir einige Vorurteile nennen?
Was mir echt wichtig ist: Kinder müssen nicht den Teller leer essen! Und es ist ganz normal, dass sie mal mehr, mal weniger essen. Wir haben ja auch nicht immer gleich viel Appetit. Wir Eltern sollten unsere Kinder selbst entscheiden lassen, wann sie satt sind, sie haben nämlich ein gutes angeborenes Sättigungsgefühl. Wenn wir sie ständig drängen, verlieren sie dieses Gefühl. Und was auch frisches Gemüse betrifft, stimmt es nicht, dass frisch immer das beste ist. Denn frisches Gemüse verliert beim Lagern schnell Vitamine. Da kann Tiefkühlgemüse tatsächlich mithalten. Statt labberige Bohnen aus der Gemüseabteilung zu kaufen, die auch noch quer durch die Welt geflogen worden, ist es also besser außerhalb der Saison auf TK-Bohnen zurückzugreifen. Spart auch noch Zeit in der Küche. Da muss niemand ein schlechtes Gewissen haben. Wo wir beim schlechten Gewissen sind: Das mit dem „jeden Tag eine warme Mahlzeit“ muss man in der Familienküche auch nicht so eng sehen. Denn auch kalte Küche kann eine vollwertige Mahlzeit sein!
Viele Mütter, die für ihre Kinder nur das Beste wollen, denken, dass alle Lebensmittel Bio sein müssen. Stimmt das?
Ich selbst kaufe mittlerweile fast alles nur in der Biovariante, aber das muss nicht sein. Es geht auch – ganz ehrlich – ganz schön ans Geld! Aber es gibt ein paar Dinge, bei denen Bio einfach wirklich besser ist: Fleisch. Milch. Eier. Da sind nicht nur mehr Vitamine und Nährstoffe enthalten, es geht mir da auch ums Tierwohl. Lieber weniger Fleisch, dafür qualitativ besseres. Bei Gemüse und Obst ist es nicht zwangsläufig so, dass der Vitamingehalt bei Bio besser ist – aber der große Vorteil von Bio: Es ist nicht pestizidbehandelt. Aber nicht jede Sorte wird gleich stark mit Pestiziden behandelt, zum Beispiel sind Kartoffeln weniger behandelt als Paprika. Generell kann man sagen, dass saisonal und regional schon mal sehr gut ist!
Mein eigener 5-jähriger Sohn ist gerade extrem schwierig mit dem Essen. Außer Salamibrot, Apfel und Nudeln ohne Sauce will er praktisch nichts essen. Welchen Tipp hast du für so einen kleinen Essensverweigerer? Wie soll ich vorgehen, um mein Kind wieder ans normale Essen heranzuführen? Oder soll ich ihn einfach selber entscheiden lassen?
Ohne Druck hat den größten Erfolg. Immer wieder anbieten, aber ihm selbst die Wahl lassen. Und das Obst und Gemüse, was er mag, einfach häufig machen, dann deckt er seinen Nährstoffbedarf. Bei uns gehen Äpfel und Gurke immer, da gibt es dann eben einfach mehr von! Zwang ist wie so oft einfach nur kontaproduktiv und führt zu Stress und Streit. Und gerade das gemeinsame Essen sollte zum Wohlfühlen sein und kein Ort, an dem man sich unwohl fühlt. Wie wichtig das für die Familienzusammengehörigkeit ist, habe ich ja auch in meinem Buch „Afterwork Familie“ geschrieben. Da gebe ich auch Tipps, wie man eine angenehme Atmosphäre am Essenstisch schafft.
Wie stehst du zu Zucker? Sollten Eltern in der Familienküche auf eine relativ zuckerfreie Ernährung achten? Oder gehört Zucker und Süßes in den Speiseplan einer Familie einfach dazu?
Ich selbst habe meinen Zuckerkonsum stark verringert. Aber Kinder ganz ohne Süßigkeiten aufwachsen zu lassen, halte ich für weltfremd. Wir haben die Regel, dass es einmal am Tag etwas Süßes gibt. Das ist dann aber auch zum Beispiel das Rosinenbrötchen vom Bäcker. Joghurt gibt es bei uns nur ungesüßt, Müsli ebenso und auch ansonsten achte ich auf versteckten Zucker. Am Wochenende backe ich immer, weil ich Kuchen liebe! Aber ich habe dabei den Zuckeranteil stark reduziert. Das fällt immer erst auf, wenn wir mal einen Kuchen auswärts essen, die sind uns dann nämlich immer zu süß. Bei den Kuchenrezepten im Buch gebe ich immer eine von-bis-Zuckermenge an. Ich persönlich backe mit deutlich weniger Zucker als in den Rezepten.
Wenn es bei dir in der Familienküche GANZ schnell gehen soll, welche Rezept-Klassiker, die auch Kinder mögen, bereitest du zu?
Tortellini aus dem Kühlregal und fertige Tomatensoße aus dem Glas ist unsere Notrettung, das steht in 5 Minuten auf dem Tisch. Rührei mit Brot und Tomaten und Gurke ist auch so ein schnelles Gericht, für das ich die Zutaten immer im Haus habe. Oder Nudeln vom Vortag mit TK-Erbsen, das geht auch superschnell. Ebenfalls schnell: Tomatensuppe. Einfach passierte Tomaten aus der Flasche mit einem Schuss Olivenöl aufkochen. Ist in zwei Minuten fertig.
Wir beide teilen ja definitiv die Liebe zu Desserts und anderen süßen Schleckereien? Welche Desserts gehören in deiner Familienküche zu deinen Favoriten?
Ich mag alles mit Beeren! Beerenmousse, Beerenmascarponecreme, Beereneis, Beerencrumble… die Rezepte sind alle im Buch und ganz leicht nachzumachen. Richtig lecker, wenn auch etwas aufwändiger ist Lasagne in der süßen Variante! Mit Beeren oder Pfirsichen oder Kirschen und Quark und Vanillecreme zwischen den Lasagneplatten. Da kann man auch eine Hälfte mit Kirschen machen und die andere mit Pfirsichen, falls es in der Familie Geschmacksunterschiede gibt.
Bevor es dein super leckeres Rezept für Hefeteigschnecken mit Beerenfüllung aus deiner Familienküche gibt, habe ich noch eine letzte Frage an dich. Du liebst ja Kuchen und lässt dich gerne in Schweden in den Sommercafés von neuen Kuchenrezepten inspirieren, die du dann zuhause machst. Welcher ist aktuell dein absoluter Lieblingskuchen?
Manchmal mag ich es am liebsten schokoladig, dann gibt es den schwedischen Klassiker: Kladdkaka! Der ist innen richtig schön matschig und in 15 Minuten fertig. Wenn es sommerlicher sein soll, liebe ich den schwedischen Johannisbeerkuchen. Beide Kuchen sind auch im Buch! Schwedische Kuchen sind oft ohne Backpulver und bleiben eher flach: Dafür sind sie superschnell fertig und richtig schön saftig.
1 comment
Comment by Ina
Ina November 3, 2020 at 1:28 pm
Ein toller Beitrag mit vielen wertvollen Tipps. Vielen Dank!