Eins vorweg, diese Geschichte habe ich nicht selber erlebt, sondern sie wurde mir von meiner Zwillingsmama-Freundin erzählt, die ihr so vor ein paar Tagen widerfahren ist. Ich fande dieses Zusammentreffen so anrührend und aussagekräftig, dass ich diese Geschichte unbedingt weitererzählen muss.
Was passiert, wenn eine hysterische Zwillingsmama auf eine aufbrausende Rentnerin trifft? Na klar, hier ist ein explosiver Streit vorprogrammiert. Doch jeder Streit kann auch etwas Positives mit sich bringen – es kommt einfach darauf an, wie man so einer hitzköpfigen Situation begegnet …
Es war einer dieser Tage, an dem sich meine Freundin am liebsten unter der Bettdecke verkrochen, die Decke ganz weit übers Gesicht gezogen und so getan hätte, als ob sie einfach nicht da ist. Zweifelsohne, ist so eine Vortäuschung bei Zwillingen ein sehr schwieriges Unterfangen, wenn nicht gar unmöglich. Der Morgen begann wie in einem Bilderbuch für hysterische Mamis. Papa war ein paar Tage nicht da, der Sohn stürzte bereits zum dritten Mal und zog sich nun endgültig eine unübersehbare Beule zu, die Tochter musste zum zweiten Mal umgezogen werden (es sollten noch einige Male an diesem Tag folgen), da sie sich angespuckt hat, der Brei schmeckte nicht, keins von den Kindern dachte daran, zumindest zehn Minuten zu schlafen, Mama musste mehrere Male wie eine Furie aus der Dusche flitzen, um für Ordnung zu sorgen, schnell noch mal die zweite Waschmaschine anmachen. Es war halt einer dieser Tage, an dem es zu einer Konfrontation kommen musste, die in einem hysterischen Gefühlsausbruch enden würde.
Nach mehreren Anläufen schaffte es die Mami endlich mit ihren Zwillingen das Haus zu verlassen, denn sie musste heute unbedingt ihre Einlagen im Fachgeschäft abholen. Das eine Kind auf dem Arm und das andere in einer großen Ikea-Tasche (eine Zwillingsmama muss halt erfinderisch und pragmatisch orientiert sein) schleppte sie beide gleichzeitig runter zum Auto. Nach einem nervtötenden Rumgezicke vonseiten der Tochter waren beide sicher im Maxi-Cosi angeschnallt, schnell noch mal den verlorenen Schnuller vom Sohn gesucht und auf ging´s zum Fachgeschäft.
Da der Parkplatz vom Geschäft etwas weiter weg ist, entschied sich die Mami dagegen den Kinderwagen aufzubauen (das hielten ihre Nerven heute wahrhaftig nicht aus) und parkte kurzerhand das Auto verbotenerweise vor dem Geschäft, ließ den Motor laufen, Zwillinge drin, in der Hoffnung sie wäre in zwei Minuten wieder zurück und rannte aufgelöst wie eine Furie ins Geschäft. Ohne jegliche Vorwarnung brustete sie los: Ich brauche sofort meine Einlagen. Nein, ich will sie nicht anprobieren! Ich habe überhaupt keine Zeit. Ich muss schnell los. Meine Zwillinge … Und in diesem Moment betrat eine aufbrausende Rentnerin den Laden. Sicherlich hatte auch sie heute nicht ihren besten Tag. Vielleicht wäre auch sie gerne im Bett liegen geblieben, vielleicht war sie heute einfach nur etwas mürrisch. Sie rief: Welcher Idiot parkt einfach vor der Tür??? Oh je, diese sieben Worte reichten aus, um eine frenetische Eskalation herbeizuführen. Ich bin der Idiot! Diesen Satz brachte die Mami noch relativ verständlich heraus – aber es folgten viele weitere Wortfetzen, die von einem heftigen Gefühlsausbruch begleitet wurden. Kurz gesagt, die Tränen liefen in Strömen. Denn manchmal gibt es Situationen, da müssen alle unterdrückten Gefühle einfach raus.
Es wurde muchsmäuschenstill im Laden. Eine verdutzte Verkäuferin verfolgte das Geschehen und eine noch verdutztere Rentnerin, die jetzt gar nicht mehr so aufbrausend war, bekam kein einziges Wort mehr heraus. Jetzt war Handeln angesagt. Die Verkäuferin versuchte, die Situation zu retten – und es gelang ihr auch. Sie beruhigte die Mami, forderte sie auf, das Auto umzuparken, sie würde in der Zwischenzeit auf die Zwillinge aufpassen, während die Mami in aller Ruhe bei einer Kollegin die Einlagen probieren könnte. Wie sagt man so schön, nach jedem Sturm (möge er noch so heftig sein) folgt auch wieder Sonnenschein. Und so war es auch an diesem Tag. Die Mami war im Nu beruhigt und erleichtert. Folgte den Anweisungen der Verkäuferin und ihr Stimmungstief verflog.
Die anfänglich aufbrausende Rentnerin wandelte sich zu einer mitfühlenden Frau und versuchte aufbauende Worte zu finden. Sie fragte nach den Zwillingen, sie fragte, ob die Mama denn gerade keine Unterstützung hätte und sie interessierte sich für ihre aktuelle Lage. Besänftigt verließen Mama und Rentnerin gemeinsam den Laden und kurzerhand kam die Frau mit zum Auto, um die Zwillinge zu sehen. Ach, sind die goldig …
Und wie endet diese Geschichte über eine hysterische Mami und eine aufbrausende Rentnerin? Die ältere Dame bot ihre Hilfe an, mal auf die Zwillinge aufzupassen und im Haushalt zu unterstützen. Sie hätte keine Enkelkinder und würde sich freuen, sie besuchen zu dürfen. Dankend gab die Zwillingsmama ihre Telefonnummer weiter und die Rentnerin hielt Wort. Schon zwei Tage später spielte sie mit den beiden Kindern auf der Decke bei ihnen zu Hause, schaute dem Sohn dabei zu, wie er das Bücherregal leerräumt und unterstützte die Mami beim Breifüttern. Und schon ein paar Tage später kam sie erneut.
Wie die Geschichte ausgehen wird, kann ich nicht einschätzen, aber für mich ist es eine herzerwärmende Begegnung. Sie erzählt davon, wie wichtig es ist, als Mami seinen Emotionen freien Lauf zu lassen – auch auf die Gefahr hinaus, dass andere einen für eine durchgedrehte, hysterische Frau halten. Und wie schön es ist, wenn andere Menschen versuchen, die Lage ihrer Mitmenschen zu verstehen und bei Bedarf eine helfende Hand zu reichen. Vielleicht wird sich hier eine freudenreiche Freundschaft entwickeln. Ich würde es der Mami und Rentnerin vom ganzen Herzen wünschen …
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